Am 1. März ist es endlich wieder so weit: Aufgeregtes Vogelgezwitscher erfüllt die Luft, die Sonne kämpft sich wieder ihren Weg durch die Wolken und die Wiesen und Täler werden Stück für Stück immer grüner und bunter. Es ist meteorologischer Frühlingsbeginn und die Welt erwacht aus ihrem Winterschlaf – langsam, aber stetig! Auch im Olitätenland beim Thüringer Wald erwachen die Wälder und Wiesen, und mit ihnen die vielen Kräuter und Heilpflanzen, die schon ganz bald wieder in ihrer vollen Pracht wachsen und erblühen. Wer mehr über Natur, Pflanzen und Kräuter erfahren und sich dabei auf eine Reise in die Vergangenheit der Kräuterfrauen und Buckelapotheker begeben möchte, sollte dem Thüringer Wald unbedingt im Frühling einen Besuch abstatten! 

Das Olitätenland ist eine 240 Quadratkilometer große Fläche mitten im Thüringer Schiefergebirge, die für ihre Vielzahl an unterschiedlichen Kräutern und Heilpflanzen bekannt ist. Diese wachsen auf Waldwiesen, in Tälern und in Flussauen, bedingt durch die besondere topologische und geografische Lage der Fläche. Die Kräutervielfalt beschränkt sich jedoch nicht nur auf das Olitätenland: Überall im Thüringer Wald lassen sich viele verschiedene Bodenschätze finden, wodurch Thüringen zu einem der kräuterreichsten Bundesländer Deutschlands zählt. Somit ist der Thüringer Wald ein wahres Paradies für Unternehmungen mit der ganzen Familie, um die Natur von einer besonders wohlriechenden und auch kulinarisch ansprechenden Weise zu entdecken. 

Die lange Tradition der Kräuterfrauen und Buckelapotheker 

Die vielen Blüten und Kräuterpflanzen sind aber nicht nur wohlriechend und schön anzusehen, sondern haben oftmals auch heilende Wirkungen. Das haben sich auch schon vor ca. 400 Jahren die Menschen im Schwarzatal beim Thüringer Schiefergebirge zunutze gemacht, indem sie begannen, sogenannte „Olitäten“ herzustellen. Das Wort stammt aus dem Lateinischen und bezeichnet aus Kräutern gewonnene Öle, Wässerchen und Essenzen. Um das 17. Jahrhundert herum waren es schon ganze Familien und kleine Betriebe, die die duftenden und heilenden Mittel herstellten. Im 18. und 19. Jahrhundert gab es einen regelrechten Kräuter-Boom in der Region, und viele Menschen verdienten ihr tägliches Brot mit der Herstellung und dem Vertrieb der Olitäten. Unter ihnen auch die Buckelapotheker und Kräuterfrauen, die die Mischungen in die ganze Welt hinaustrugen. Übrigens kann man die Buckelapotheker somit als die Vorreiter der Vertreter*innen für die heutige Pharmaindustrie betrachten. 

Auch wenn das wandernde Olitätenhandwerk mittlerweile ausgestorben ist, werden im Schiefergebirge immer noch Tinkturen, Öle, Kräuterschnaps, Essenzen und viele andere duftende, heilende und oft auch sehr wohlschmeckende Mittel gemischt und verkauft. Dabei markiert der März nicht nur den Frühlingsbeginn, sondern auch den Saisonbeginn für viele der Kräuter. Dazu gehört zum Beispiel die Brennnessel, die nicht nur gegen Haarausfall oder Bluthochdruck helfen kann, sondern durch ihren cremig-milden Geschmack auch im Salat, im Risotto oder in der Suppe sehr gut schmeckt. Auch Sauerampfer, dem eine blutreinigende und harntreibende Wirkung zugesprochen wird, kann schon ab März auf den Wiesen gefunden werden. Darüber hinaus beginnen Bärlauch, Pimpinellen, Girsch und viele weitere Kräuter und Pflanzen zu wachsen und zu blühen. 

Eine spannende Reise durch die Welt der Kräuter und Heilpflanzen 

Diese Pflanzen markieren damit den Startschuss für die neue Saison, in deren Verlauf auch anerkannte Heilpflanzen wie Pestwurz, Augentrost, Arnika oder Ehrenpreis die Wiesen und Wälder des Thüringer Waldes und des Olitätenlandes grün und bunt bedecken. Den Kräutern und Pflanzen werden aber nicht nur heilende Wirkungen zugeschrieben – oft sind diese auch besonders lecker und runden Gerichte durch ihre besonderen Noten ab. Dazu gehören neben Bärlauch auch die Brennnessel, Wacholder oder Thymian. 

Wer mehr über die wunderbare Welt der Wildkräuter im Thüringer Wald erfahren will, kann sich mit dem Thüringer Olitätenwagen auf die Spuren der Geschichte und Herstellung der Kräuter begeben. Von Frühjahr bis Herbst fährt die Bahn bei schönem Wetter ab der Bergstation Lichtenhain nach Oberweißbach. Große und kleine Naturliebhaber*innen können in dem halboffenen Panoramawagen die wunderschöne Natur des Thüringer Waldes genießen und gleichzeitig viel lernen. Darüber hinaus gibt es in der Region viele Kräutermuseen, Kräuterwanderungen und Kräuterseminare. Ein besonderes Highlight ist dabei die Begegnung mit echten Buckelapothekern oder Kräuterfrauen, deren Familien über Generationen hinweg die Kunst der Olitäten beherrschen und weitergeben.Ein Highlight für die ganze Familie ist auch, die Kräuter im Laufe des Jahres zu beobachten und zu schauen, wie sich Wälder, Wiesen und Täler verändern. Immerhin ist der Thüringer Wald zu jeder Jahreszeit eine Reise wert!